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Gegen Gewicht

de
Bänziger, AndriAeschbacher, Ursi AnnaMaquette/Illustration de couverture
CHF27.00
2.6 % TVA incluse

Produit

Résumé»Gegen Gewicht« erzählt die Erlösungsgeschichte einer betäubten Mutter, die unter dem Druck ihrer beeinträchtigten und eigensinnigen Tochter nach und nach aufbricht.»Ich fühlte mich, als sähe ich Aliena zum ersten Mal, als sähe ich sie wirklich, auf kleinen Pickeln kam sie meine Mauer hochgeklettert, mit jedem Einschlag barst der Beton, und als sie oben war, konnte ich sie sehen in ihrer Ganzheit, und ihre Schönheit drückte schwer auf mich, es schmerzte, ich fühlte es in der Kehle, ich fühlte es in der Brust, im Bauch, in den Beinen, Steine fielen nieder, krachten, Beton, der aufbricht.«
Détails
ISBN/GTIN978-3-03867-056-8
Type de produitLivre
Type de reliureLivre
Année de parution2021
Pages176 pages
LangueAllemand
DimensionsLargeur 123 mm, Hauteur 195 mm, Épaisseur 20 mm
Poids278 g
Illustrationsauf dem Cover
BZ n°36589216

Contenu/Critiques

Échantillon texte
Wenn ich mich erinnere, fällt mir auf, wie gut ich darin war, einen ganzen Abend lang freundlich zu wirken, ich lächelte zu Schichtbeginn und lächelte noch, während ich das abgestandene Bier ausschüttete und die Flaschen sortierte, nachdem die letzten Gäste betrunken heimschwankten.Natürlich gab es Gäste, die ich mochte, wir hatten Stammkunden, von denen ich wusste, dass sie immer Trinkgeld gaben, selbst dann, wenn sie lange warten mussten, sie gaben immer etwas dazu nach jedem Getränk, das sie bestellten, und grosszügig, wenn sie gegessen hatten. Aber ein grosser Teil der Leute hatte die Freundlichkeit nicht verdient, das denke ich heute, das Geld, das ich verdiente, war nicht Grund genug, die Affen anzulächeln, und trotzdem tat ich es, ich nahm Extrawünsche entgegen, keinen Knoblauch, keine Zwiebeln bitte, ich hörte den öden Sprüchen zu, krieg ich ein Bärner Müntschi von dir, und ich meine nicht das Bier, ich lächelte und blieb nett, anständig, wie meine Eltern es von mir erwartet hätten.Das Lächeln war aber weder Ausdruck von Freundlichkeit noch von Fröhlichkeit, ich sagte, gern, gern bringe ich Ihnen ein neues Glas, aber während ich mit dem Gast sprach, dachte ich, wenn ich wiederkomme, strecke ich dich nieder, ich hau dir das volle Glas auf den Kopf, dann aber brachte ich ein neues Glas, lächelte, hier, bitte­sehr, und lächelnd beendete ich meine Schicht, eine fröhliche junge Frau, das sollten die Leute denken, und das hielt ich aufrecht, solange ich in verrauchten Nächten Getränke und kalte Platten servierte.[â¦]Sie sprach lange nicht, und als sie es konnte, hatte sie aufgrund ihres Down-Syndroms ­grosse Probleme, Wörter zu artikulieren, zwar war es ihr möglich, ein Wort zu denken, man konnte erkennen, dass es in ihrem Kopf war, aber sie vermochte es nicht in ein gesprochenes Wort umzuwandeln, es gab eine Verbindung zwischen Kopf und Mund, die unterbrochen war, die nicht richtig funktionierte, und so veränderte sich das gedachte Wort bis zum Ton, ähnlich dem Kinderspiel, bei dem ein Wort von Kind zu Kind geflüstert wird und schliesslich beim letzten Kind ankommt und ausgesprochen wird, eine Kette, die den Ursprung abändert und manchmal unkenntlich macht. Es war ihr nie möglich, ihren eigenen Namen auszusprechen. Sie nannte sich Aliena, schnell ausgesprochen, in einem Tonfall, der ihr eigen war, den sie für alle Wörter benutzte, sie sprach zügig, undeutlich und abgehackt. Sie veränderte die Wörter, packte sie in eine Form, die sie aussprechen konnte. Aliena! Sie nannte sich so oft und konsequent so, dass ich es übernahm, es war ihr gelungen, sich selbst zu benennen, ein Kind, das sich den Namen selbst gab und sich nicht in eine bestehende Sprache einfügte, sich ihre eigene schuf. Sie eroberte die Wörter.Ich hörte ihr gerne zu, niemanden hörte ich lieber sprechen.Sie lernte ungewöhnlich schnell laufen. Die anstrengendste Zeit meines Lebens begann.Jede Nacht weigerte sie sich einzuschlafen, obwohl sie in keinster Weise dazu gemacht war, lange wach zu bleiben. Schon frühabends waren ihre Augen knallrot, und sie war kaum mehr in der Lage, sie offen zu halten, aber sie ging nicht ins Bett. Ich fand sie auf der Treppe, zusammengeklappt, oder am Tisch, den Kopf auf der Platte, total am Ende. Sprach ich sie darauf an, dass es jetzt an der Zeit wäre, ins Bett zu gehen, protestierte sie wild, sie schrie, sie möge nicht schlafen, in ihren Worten, ihmagni!, sie sei nicht müde, ni müh!, und während sie sprach, blinzelte sie unkontrolliert, ihre Augendeckel schienen schwer zu sein. Doch sie ging nicht, sie ging nie ins Bett. Ich versuchte, sie zu tragen, legte sie ins Bett, deckte sie zu. Sie war so klein und leistete keine Gegenwehr. Ich trug sie die Treppe hoch zu ihrem Zimmer, bettete sie. Wenn ich ihr eine gute Nacht wünschte, sah sie mich an, und bei meinem Anblick, bei meinem Anblick voller Hoffnung, sie möge nun endlich einschlafen, konnte sie nicht mehr an sich halten, sie musste lachen, ihre Mundwinkel hoben sich so hoch, bis sie die Töne nicht mehr zurückhalten konnte, sie lachte laut und herzhaft, weil sie genau wusste, sobald das Licht aus war, würde sie wieder aufstehen, an den Tisch gehen, in ihren Halbschlaf zurückfallen, und ich konnte nichts dagegen tun, ich musste weiter wachbleiben. Ich musste weiter wachbleiben. Ich hatte es einmal versucht, versucht, sie zu ignorieren, selbst schlafen zu gehen und mich nicht um sie zu kümmern. In dieser Nacht war sie abgehauen, in die Nacht hinaus, ich fand ihr Bett leer, die Bettdecke und das Kissen lagen auf dem Boden, sie war nirgendwo. Ricardo schlief schon, es gelang mir nicht, ihn zu wecken, ich suchte sie überall, sie war nicht im Haus, ich ging auf die Strasse, suchte im Quartier und fand sie schliesslich einige Strassen weiter. Ich trug sie zurück, schimpfte über die ganze Strecke, brachte sie ins Bett, und als ich das Licht löschte und aus dem Raum ging, hörte ich, wie ihre kleinen Füsse den Boden betraten.Sie war nicht dazu gemacht, lange wach zu bleiben. Tags darauf waren ihre Augen verquollen, sie reagierte nicht, wenn ich sie ansprach, schien mich nicht zu hören oder antwortete erst viel später. So ging es den ganzen Tag. Erst wenn es eindunkelte, schlich die Kraft in ihren Körper zurück, zumindest vorübergehend, sie schleppte sich ins Wohnzimmer, wo sie abermals zusammensackte, den Kopf auf die Schulter geklappt und die Arme schlaff von sich gestreckt, es konnte wieder beginnen. Den nächsten Tag würde sie diesem Spass opfern.plus

Auteur

Bänziger, AndriAeschbacher, Ursi AnnaMaquette/Illustration de couverture
Andri Bänziger, 1992 geboren in Mötschwil, studierte Literarisches Schreiben am Literaturinstitut in Biel. Arbeitete in einer Leimfabrik, für Coop in der Früchte+Gemüse-Abteilung und als Behindertenbetreuer. In seiner Freizeit liegt er oft im Bett und schaut an die Decke. Andri Bänziger lebt in Biel.
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